Wie auf der Seite über die Wohnungshistorie zu lesen ist, habe ich nach dem Besuch der Realschule 1962 eine Ausbildung im Handwerk als Elektroinstallateur begonnen. Diese Ausbildung fand ich sehr interessant, zumal mein Lehrbetrieb sehr vielfältige Tätigkeitsbereiche bieten konnte. So habe ich von der Baustelleneinrichtung (Energieversorgung für Kran, Mischmaschine, Elektrowerkzeuge etc.) über die eigentliche Haus-Elektroinstallation bis zum Anschließen der Elektrogroßgeräte (Waschmaschine, Spülmaschine …) und zum Aufhängen der Lampen alles kennengelernt, was mit dem Hausbau zusammenhängt.
Da Breckerfeld ein Ort mit vielen kleinen Industriebetrieben, wie z. B. Gesenkschmiede, Schrauben- und Federnfabriken, Kunststoffverarbeitung und Christbaumschmuckfabrik war, die sich keinen eigenen Betriebselektriker leisten wollten, hatte ich Einblick in die verschiedenen Arbeitsbereiche, in denen Elektroinstallationen, Umbauten und Reparaturen vorkamen. Außerdem gab es aber auch einige landwirtschaftliche Betriebe zu betreuen.
Eine Besonderheit, die Fachleute interessieren könnte: In Breckerfeld gab es seinerzeit zwei Versorgungsunternehmen, die für die Stromversorgung zuständig waren. Das besondere war nur, dass die Netze unterschiedliche Spannungen lieferten: Das eine Netz hatte 380/220 Volt zu bieten, während das andere Netz 220/127 Volt lieferte. Wir mussten also vor jeder Arbeit sicherstellen, dass wir wussten, mit welchem Spannungsverhältnis wir zu tun hatten, zumal diese Situation unterschiedliche Schutzmaßnahmen zur Folge hatte. Das war ein interessantes Arbeiten!
Durch den (für mich unerwarteten) Umzug unserer Familie 1965 nach Detmold musste ich meine Ausbildung dort zuende bringen und konnte sie als Prüfungsbester mit der Gesellenprüfung abschließen.
Ursprünglich hatte ich jedoch Elektrotechnik studieren wollen und habe daher die Berufsaufbauschule zunächst neben der Lehre und anfänglichen Berufstätigkeit als Elektromechaniker in der Form einer Abendschule, später dann in Tagesform besucht. Damit konnte ich die Studienreife nachholen. Jedoch waren meine Mathematikkenntnisse für ein Studium an der Ingenieurschule nicht ganz ausreichend.
Es gab jedoch eine andere Möglichkeit zu studieren, nämlich an der Höheren Fachschule für Sozialarbeit, die im Laufe des Studiums der Fachhochschule Bielefeld angeschlossen wurde. Dort habe ich dann die Prüfung nach 6 Theoriesemestern als graduierter Sozialarbeiter bestanden.
Zum Diplom fehlte jedoch noch der praktische Teil des Studiums. Da funkte mir nun allerdings die Bundeswehr dazwischen.
Mein Vater hatte ein Gymnasium besucht, eine (doppelte) Berufsausbildung als Spitzendreher und Maschinenschlosser gehabt. Dann war er Berufssoldat geworden, weil er sich auf diesem Wege (er war der jüngere von zwei Brüdern und bekam – im Gegensatz zu seinem Bruder – durch seine Eltern kein Studium bezahlt) ein Maschinenbaustudium erhofft hatte. Der Krieg hatte diese Hoffnung jedoch zunichte gemacht. Durch die Erzählungen meiner Eltern über Erlebnisse an der Front, in der Gefangenschaft und auf der Flucht kam für mich eine Ausbildung als Soldat nicht infrage. Auch aus Glaubensgründen habe ich daher die Ausbildung zum Dienst an der Waffe verweigert. Damals musste noch vor einem richterlichen Prüfungsausschuss die Entscheidung glaubhaft begründet und praktisch nachgewiesen werden. Nach der Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer musste ich mich um einen Ersatz kümmern. So habe ich zunächst als Krankenpflegehilfskraft im Krankenhaus Detmold den 18-monatigen Ersatzdienst verrichtet.
Von der Pflegedienstleitung des Krankenhauses wurde mir angeboten, während des Ersatzdienstes die einjährige Ausbildung zum examinierten Krankenpflegehelfer zu besuchen. Das war natürlich interessanter, als nur Betten zu verschieben. Nach der Prüfung habe ich noch einige Zeit auf einer Privatstation der Inneren Medizin in der Krankenpflege gearbeitet. Nun hatte ich direkt mit Patienten zu tun, lernte viel über die Lagerung von Patienten (auf unserer Station gab es keine wundgelegenen Fälle, worauf wir sehr stolz waren), durfte aber auch Spritzen geben, natürlich nur in den Muskel oder unter die Haut. Das lag mir sehr und auch die Patienten baten darum, die Spritzen von mir zu bekommen, weil ich dabei besonders schonend vorging. Auch Medikamente durfte ich stellen, das heißt auf dem Tablett, was Ärzte und Schwestern zur Visite mitnahmen, den Töpfchen für die einzelnen Patienten zuordnen. Auch das war eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe. Ich war zu dieser Zeit auf unserer Station der einzige männliche Pfleger. Manchmal hatte ich Nachtdienst (normalerweise verrichteten den Krankenschwestern, die so mehr Zeit tagsüber für ihre Familie hatten), wo ich dann erforderlichenfalls auch auf der benachbarten Station der Chirurgie und Unfallchirurgie ausgeholfen habe.
Inzwischen war die Ersatzdienstzeit beendet, so dass ich mich um den praktischen Teil des Studiums kümmern konnte. Da ich ohnehin im Krankenhaus tätig war, habe ich den ersten Teil des Studienpraktikums im Sozialdienst des Krankenhauses durchgeführt. Da ging es um organisatorische Dinge, wie zum Beispiel die Unterbringung alleinlebender Patienten nach der Krankenhausbehandlung, wenn eine weitere Betreuung erforderlich war, wie auch um psychologische Betreuung von Patienten, die nach einem Suizidversuch ins Krankenhaus gekommen waren, um möglichst dabei zu helfen, eine Perspektive für die Zeit nach der Entlassung zu finden. Nach diesem halben Jahr fehlte noch die Praxis in einer Verwaltung.
Da unsere Schule als sehr »links« galt, war eine Stelle in einer Stadt- oder Kreisverwaltung in Detmold und Umgebung aus politischen Gründen praktisch nicht zu finden. Da kam der Tipp, es mal beim Arbeitsamt zu versuchen, gerade recht. Und tatsächlich, es hat geklappt.
Als Studienpraktikant hätte ich lediglich ein geringes Entgelt bekommen können, aber mir wurde die Möglichkeit geboten, einen weiteren, inzwischen den vierten, Berufsabschluss nach entsprechendem berufsbegleitenden Studium zu erwerben. Also begann ich neben dem Studienpraktikum als Sozialerbeiter die Ausbildung zum Arbeitsvermittler, was dem gehobenen Dienst entspricht (als Beamter: Inspektor). Da ich bereits ein Studium absolviert hatte, konnte ich diese Ausbildung in verkürzter Form durchlaufen. Inzwischen hatte ich als Sozialarbeiter das Kolloquium (die Diplomprüfung) bestanden und war nun auch noch »Hauptvermittler«, also Leiter einer Arbeitsvermittlungsstelle. Auch dies war eine abwechselungsreiche Tätigkeit. Jeden Tag hatte ich mit anderen Menschen zu tun. Ich betreute den Bereich Landwirtschaft, Bergbau, Gartenbau, Installateure, Maler und Lackierer, Kraftfahrer und Lagerberufe. Besonders im wöchentlichen Außendienst, wo die Betriebe besucht wurden, lernte ich viel über die verschiedenen Berufe und konnte meine Kenntnisse, die ich im Handwerk erlernt hatte, noch erweitern. So erfuhr ich auch vieles über Arbeitsbedingungen und Anforderungen an die Mitarbeiter, was ich dann für die Arbeitsvermittlung nutzen konnte.
Dann kam die Ölkrise.
Die Jüngeren werden es vielleicht nicht wissen, aber damals durfte kein Privatfahrzeug für dienstliche Angelegenheiten genutzt werden – es war die Zeit der Sonntagsfahrverbote für jedermann. Die sehr verwaltungsorientierte Denkweise in der Arbeitsverwaltung stieß mich ab. (Zum Beispiel wollten wir für eine Fahrt zu einer Weiterbildung, bei der sehr viel Gepäck mitzunehmen war, zu viert ein Fahrzeug eines Kollegen nutzen. Die Verwaltung bestand jedoch auf der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Da die Bildungseinrichtung abseits von der Bahn im Wald lag, mussten wir außer der Bahn ein Taxi benutzen, was sogar noch mehr Treibstoff verbrauchte als das des Kollegen, weil es größer war und ebenfalls eine weite Anfahrt benötigte – aber es war eben kein Privatfahrzeug, was ja nicht erlaubt war). Dies brachte mich dazu, mich nach einer Stelle als Sozialarbeiter suchen zu lassen.
Da kam die Errichtung einer Beratungsstelle für Familien- und Lebensfragen der evangelischen Landeskirche gerade recht. Ich habe mich beworben und bin tatsächlich unter 60 Bewerbern ausgewählt worden. Ich gehörte damit seit der Gründung der Stelle zur Stammbesatzung. Meine Hauptaufgabe war die gesetzlich vorgeschriebene Schwangerschaftskonfliktberatung, ohne deren Nachweis kein Schwangerschaftsabbruch vorgenommen werden durfte. Nebenbei konnte ich aber auch noch zusätzliche Ausbildungen in der Eheberatung, in klientenzentrierter Gesprächsführung und in empirischer Kinderpsychotherapie mitmachen. Das waren zwar keine Ausbildungen mit offizieller staatlicher Prüfung, wie die bisherigen Ausbildungen, aber Zertifikate der Bildungsträger gab es immerhin. Es hätte jahrelang so weitergehen können.
Aber, inzwischen hatte ich knapp fünf Jahre dort als zweite Fachkraft gearbeitet, gab es eine Entwicklung in der Kirche, die mich stark irritiert hat. Es wurde von der Kanzel verkündet, dass es keine Wunder geben könnte, dass Jesus nicht leibhaftig auferstanden sei, sondern im Gedächtnis seiner Jünger weiterlebe, also Gott eigentlich tot sei u.s.w. (Mehr dazu auf der Seite über meinen Glauben). Das war nicht mehr meine Kirche und so bin ich konsequenterweise aus der Kirche ausgetreten. Dadurch verlor ich natürlich auch meine Arbeit. In diese Zeit fiel aus familiären Gründen der Umzug nach Mittelhessen.
Nun war ich auf Arbeitsuche, hatte jedoch keinen Erfolg als Sozialarbeiter, da mir ein Führerschein für Familienbesuche fehlte. (Den habe ich bis heute nicht). Da bot mir das Arbeitsamt in Gießen eine Umschulung zum Geprüften Wirtschaftsinformatiker an. Ich hatte mich schon früher für programmierbare Tachenrechner interessiert und so sagte ich sofort zu. Die Umschulung bot nach einem Jahr eine Prüfung als Anwendungsprogrammierer an, die ich erfolgreich abgeschlossen habe. Die Umschulung ging jedoch weiter und nach einem halben Jahr konnte die Prüfung zum Organisationsprogrammierer gemacht werden, die ich natürlich auch »mitgenommen« habe. Am Ende der gut zwei Jahre dauernden Umschulung wurde nun vor der Handwerkskammer Düsseldorf der Berufsabschluss als Geprüfter Wirtschaftsinformatiker erworben, mit ziemlich gutem Abschluss, – aber inzwischen war ich 38 Jahre alt geworden und dadurch für die Arbeitgeber als Berufsneuling einfach zu teuer, zumal ich ja drei Kinder hatte. So war ich trotz meiner inzwischen sieben staatlichen Abschlussprüfungen wieder auf Arbeitsuche.
Es stellte sich nun heraus, dass das Arbeitsamt dringend Fachkräfte für die Arbeitsvermittlung suchte. Diese Ausbildung hatte ich ja ebenfalls. So wurde ich quasi mit Kusshand wieder Arbeitsvermittler. Zunächst jedoch wurde ich in das Rechenzentrum des Arbeitsamtes in Darmstadt abgeordnet. Dort war die Leiterin in den Mutterschutz gegangen und musste dringend ersetzt werden. Nun war ich zumindest vorübergehend doch im EDV-Bereich gelandet. Dort hatte ich unter anderem etwa 250 Arbeitsplatzrechner in neun Dienststellen des Arbeitsamtes zu betreuen. Außerdem war ich für den störungsfreien Betrieb der gesamten EDV-Anlage zuständig. Was mir laut der vorgesetzten Dienststelle in Nürnberg auch vorbildlich gelang. Nachdem die junge Mutter wieder dienstfähig war, wurde ich nun dringend als Arbeitsvermittler gebraucht.
Nach einiger Zeit meiner Tätigkeit als Arbeitsvermittler (zufällig in fast den gleichen Berufsfeldern wie in Detmold, allerdings kamen die Berufe der Zeitungsbranche und Buchverlage, also Setzer, Drucker, Buchbinder, hinzu, die damals in Darmstadt eine große Bedeutung hatten), wollte das Arbeitsamt eine Arbeitshilfe für die Kollegen in der Arbeitsvermittlung erstellen, die in der Art einer Webseite funktionieren sollte und auf Knopfdruck Vorschläge zu den verschiedenen durch das Arbeitsamt gebotenen Unterstützungsmöglichkeiten aufzeigen sollte. Nun waren wieder meine EDV-Kenntnisse gefragt. Diese Arbeitshilfe fand so großen Anklang, dass sogar andere Arbeitsämter aus dem gesamten Bundesgebiet anfragten, ob sie sich diese herunterladen dürften. Damals war eine bundesweite Vernetzung möglich, die später infolge der verschärften Datenschutzgesetze stark eingeschränkt wurde.
Es gab dann auch noch weitere neue Ideen der Führungskräfte. So wurde eine spezielle Stelle eingerichtet, um die Arbeitgeber konzentrierter betreuen zu können. Die Stellenangebote sollten zentral und qualifiziert erfasst werden, wozu die Arbeitsvermittler im Tagesgeschehen bei dem Kundenandrang kaum Zeit hatten. Die Betreuung dieser besonderen Stelle fiel mir zu. Da ich vertiefte EDV-Kenntnisse hatte, war es mir möglich, »aus einem Bildschirm mehrere zu machen«, sodass ich in der Lage war, direkt zwischen den verschiedenen Anfragen zu wechseln, ohne jedesmal das entsprechende Programm neu starten zu müssen. Auch diese Tätigkeit hat mir Spaß gemacht, zumal es eine positive Resonanz seitens der Arbeitgeber gab.
Und dann kam »Hartz 4«. Dahinter lag der Gedanke, dass nicht mehr zwischen Arbeitsuchenden und Leistungsempfängern unterschieden werden sollte. Bisher wurden die arbeitslosen Leistungsempfänger in verschiedenen Abteilungen unabhängig voneinander betreut. Nun sollte alles in einer Hand liegen, damit die Arbeitsuchenden Leistungsempfänger schneller auf eine Arbeitsaufnahme hingeführt wurden. Der »Fallmanager« war geboren … und meine Berufstätigkeit ging aus Altersgründen zuende. Inzwischen hatte ich über 50 Jahre berufliche Tätigkeit, hauptsächlich im öffentlichen Dienst, hinter mir.
Seit 2012 bin ich nun Ruheständler und kann mich um andere Dinge kümmern.