Was lehrt Jesus darüber?
Hier also eine Abhandlung zu diesem Thema, die ich in voller Länge anbiete.
Es handelt sich um einen vor einigen Jahren erschienenen Aufsatz von A.E.Knoch.
Der Autor schreibt:
Himmelreich und Hölle
Was lehrt Jesus darüber?
Die richtige Beantwortung dieser Frage ist zugleich die Lösung eines der viel umstrittenen Probleme, mit dem sich die Christenheit immer wieder befasst hat. Ich möchte alle, die darüber beunruhigt sind, anhand der Schrift dahin führen, dass sie die befreiende Wahrheit erkennen.
Es gab eine Zeit, da war ich fest davon überzeugt, die Antwort zu wissen. Aber dieses Wissen, das anfangs so klar, so segensreich und wunderbar zu sein schien, verwandelte sich mit der Zeit in ein mehr und mehr unlösbar scheinendes Problem und wurde langsam zu einem Albdruck. Nach der Lehre, die ich überall in Gemeinschaften und Konferenzen hörte, schien zunächst alles einfach. Die Widersprüche fielen mir erst später auf. Als ich dann durch Gottes Gnade erfahren durfte, wie es sich wirklich verhält, blieb von dem, was ich jahrelang in vollster Überzeugung für die Wahrheit hielt, nicht mehr viel bestehen.
Ich wusste wohl, dass in Kolosser 1:20 geschrieben steht1: »Durch Ihn das All mit Sich auszusöhnen«, und in 1. Korinther 15:28: »Damit Gott alles in allen sei«. Ebenso kannte ich selbstverständlich Römer 11:36: »Denn aus Ihm und durch Ihn und zu Ihm hin ist das All!« – Aber ich habe diese Stellen nicht verstanden. Ich habe sie ebenso missverstanden wie das Wort unseres Herrn: »Wenn jemand nicht von oben her gezeugt wird, kann er das Königreich Gottes nicht gewahren« (Joh. 3:3), zumal in den üblichen Bibelübersetzungen »von neuem geboren« oder »wiedergeboren« steht. So meinte ich damals genau zu wissen, was »wiedergeboren« zu sein bedeutet; denn ich war durch den Glauben an Christi Tod, den Er auch für meine Sünden erlitten hatte, aus dem Tod ins Leben durchgedrungen.
Aber mich und manch andere Geschwister und Mitarbeiter begann der Umstand zu bedrücken, dass fast die gesamte Menschheit nicht wiedergeboren war und daher verloren gehen musste. »Wer den Sohn hat, der hat das Leben«. Wir hatten Ihn, dessen waren wir gewiss. »Wer den Sohn Gottes nicht hat, der hat das Leben nicht« (1. Joh. 5:12), und »wer gegen den Sohn widerspenstig ist, wird das Leben nicht sehen, sondern der Zorn Gottes bleibt auf ihm« (Joh. 3:36). Wie hat uns dieses Wort erschüttert und zu den angestrengtesten Versuchen angetrieben, alle um uns her »ins Reich Gottes zu nötigen«, sie »aus dem Feuer zu reißen«. Musste Gott Sich nicht dazu bekennen? Musste Er nicht Seelen in Scharen herbeiführen, wenn Er wirklich wollte, dass allen Menschen geholfen werde? Und dann blieb der Boden so hart. die Ernte so klein, die Macht des Feindes so groß, dass wir uns verzweifelt fragten: Warum tut Gott anscheinend nichts, um dieser entsetzlichen Macht zu steuern? Wie kann Er dies Sterben der Menschen in ihren Sünden mit ansehen? Sie sind doch alle »ewig verloren«, wenn sie nicht jetzt zum Glauben kommen. Sagt dies nicht Sein eigenes Wort? Was bedeutet das aber, wenn man den Gedanken zu Ende denkt? Heißt das nicht, dass Gott seit Jahrtausenden Milliarden von Menschen ins Leben rief in dem Wissen, dass ihr Ende das »ewige Feuer« sei? Weiß er nicht alles vorher? Und hatten Milliarden überhaupt die Möglichkeit, »wiedergeboren« zu werden?
Was erst so klar, so einleuchtend, so felsenfest schien, wurde zum schmerzlichen Rätsel. Ja, es stimmte nicht einmal mit Christi eigenen Worten an anderen Stellen überein. Da sagte z.B. der Herr von kleinen, noch halb unbewussten Kindern: »Ihrer ist das Königreich der Himmel« (Mat. 19:14) bzw. »das Reich Gottes« (Mark. 10:14). Waren denn diese Kinder »wiedergeboren«? Nicht einmal getauft waren sie! Konnte damals überhaupt schon jemand wiedergeboren werden? Der Herr war doch noch nicht gestorben! Wenn das Reich Gottes (und darunter wird allgemein »in den Himmel kommen« verstanden) zu haben war, ehe es das Kreuz auf Golgatha gab, wozu musste Er dann noch an das Kreuz gehen?
Und dann erzählte Jesus dem Volk das Gleichnis von dem Reichen und Lazarus. Der eine kam in die »Hölle«, weil er sein Gutes bereits in diesem Leben empfangen hatte. Der andere wurde »selig«, weil er Übles empfing (Luk. 16:19-31). War das Wiedergeburt?
Wir wollen den Leser nicht mit weiteren Erwägungen ermüden. Die Frage ist so ernst und einschneidend, der Schatten, den ihre falsche Beantwortung auf das Wesen Gottes wirft, so schwarz und die Folgen so furchtbar, weil die Menschen dadurch von einem solch »ungerechten« Gott fortgetrieben werden, dass es überaus wichtig ist nachzuforschen: Ist die übliche Auslegung dieser und ähnlicher Stellen überhaupt haltbar?
Nach langen Jahren des Suchens und Forschens in der ganzen Schrift juble ich heute über die Lösung, dass alle diese Stellen ohne weiteres klar und verständlich sind, wenn sie ausschließlich Israel im Zusammenhang mit dem ihm verheißenen Königreich gelten, dass sie aber endlose und unlösbare Schwierigkeit heraufbeschwören, wenn sie auf alle Menschen und ihr zukünftiges Geschick angewendet werden.
Kann mir jemand beweisen, dass ich im Unrecht bin, so tue er es. Müssen die scharfen Gerichte am Ende dieser Weltzeit, des nunmehrigen Äons, Gottes Plan, alles in allen zu werden, vereiteln, so führe man als Beweis Sein Wort dafür an. Enthält die Bibel denn tatsächlich solch einen Widerspruch? Da sie Gottes Wort ist, ist das nicht gut möglich. Ich für meinen Teil glaube alles, was geschrieben steht, aber alles dort, wo es hingehört, nicht wo Menschen es ohne Verständnis hingezwängt haben, um es dann gegen die klare Lehre des gesamten Gotteswortes auszuspielen.
Die Gottesoffenbarung vor Christi Erscheinen
Das Alte Testament verheißt unmissverständlich das künftige Reich Gottes auf dieser Erde. Sein König ist der Messias, durch dessen Herrschaft die Erde voll werden wird von Erkenntnis des Herrn, wie Wasser den Meeresboden bedeckt (Dan. 2:44; 7:14,27; Jes. 11:9; Hab. 2:14).
Bei der Verkündigung Johannes des Täufers und des Herrn Selbst handelt es sich immer um dieses Königreich.
Um in dieses Königreich einzugehen, muss Israel »wiedergeboren« (von neuem gezeugt) werden. Nur in diesem Zusammenhang konnte Nikodemus davon wissen und Jesus schon damals davon sprechen. Was heute meist Wiedergeburt genannt wird, ist nicht denkbar ohne Christi Tod, den damals noch niemand klar erkennen konnte.
Jesus Selbst versicherte, Er sei nur zu Israel gesandt (Mat. 15:24). Er verbot sogar seinen Jüngern, zu den Nationen zu gehen; sie sollten lediglich das nahe herbeigekommene Königreich den Israeliten verkünden (Mat. 10:5-7). Paulus sagt von Ihm, Er (Jesus) sei ein »Diener der Beschneidung« gewesen (Röm. 15:8). Erst Golgatha war der große Wendepunkt. Erst nach Israels Verstockung und Verwerfung wurden Gottes Pläne mit der gesamten Menschheit offenbart (Röm. 11:7-15).
Wer denkt wohl daran, den Christen heute die Beschneidung aufzunötigen oder das Opferritual des Mose in unseren Kirchen einzuführen? Da erkennt man, was nur für das alte Bundesvolk galt. Man weiß, dass das Kreuz eine andere Ordnung eingeführt hat. Aber dann wird der verwirrende Fehler begangen, die Trennungslinie nicht bei Israels Verwerfung und dem Auftrag des Paulus für die Nationen zu ziehen, sondern man eignet sich nach Belieben an, was Jesus Selbst auf Israel beschränkt hat.
Wie konnte Er den Seinen sogar verbieten, zu den Samaritern zu gehen, wenn Er damals schon die »Bedingungen zur ewigen Seligkeit« gepredigt hätte? Was hätten diese Bedingungen schließlich sein sollen, da Sein Opfertod noch gar nicht zu verkünden war? Darf man Aufschluss über solche grundlegenden Fragen in Schriftstellen suchen, in denen Sein Tod nur schattenhaft vorausgeschaut wird, unverstanden sogar von des Herrn Liebsten und Nächsten?
Kürzlich stand in einem Blättchen: »Es gibt eine ewige Hölle so gewiss, wie der aus der Ewigkeit kommende Gottessohn sie verkündigt hat«. Eins scheint dem Schreiber dieser Zeilen jedoch klar gewesen zu sein, nämlich dass der ewige Gott, der Sich Jahrtausende vor Christi Kommen schon mit der Menschheitssünde befasste, sie nicht verkündigte. Er scheint auch gewusst zu haben, dass Luthers »Hölle« im Alten Testament in der Urfassung seiner Übersetzung nur den Ort aller, auch der gerechten Toten bezeichnet. Sonst hätte er doch wohl die Worte genannt, mit denen Gott bereits den ersten Sündern mit den Folgen ihrer Sünde drohte – offensichtlich konnte er aber kein entsprechendes Wort finden.
Wenn aber die »ewige Hölle« (vgl. Mrk. 9:43.44 bei Luther und anderen) dem aus der Ewigeit kommenden Gottessohn so bekannt gewesen wäre, dann müsste sie doch schon mindestens so lange bestanden haben, wie die Sünde in der Welt ist. Aus welchem sonstigen Anlass hätte Gott sie denn einrichten sollen? Weshalb hat Er sie dann bis zum Kommen Christi den Sündern verheimlicht?
Hierfür gibt es nur eine Erklärung, dass nämlich vor Christus niemand in eine Hölle kam, weil ja auch noch niemand erlöst werden konnte.
Schön und gut. Aber konnte denn jemand erlöst werden, ehe Christus starb, erlöst in dem Sinn, den wir damit verbinden? Und Er hat doch von diesen Dingen gesprochen, als Er auf der Erde lebte.
Sehen wir uns nun Seine vermeintlichen »Höllendrohungen« genau an, so entdecken wir weitere Merkwürdigkeiten. Um der Hölle des reichen Mannes zu entfliehen, genügt es völlig, Mose und die Propheten zu hören oder Böses in diesem Leben empfangen zu haben. Die Böcke zur Linken gehen in das »ewige« Feuer, weil sie nichts für die Brüder des Herrn taten (Mat .5:31-46). Dem Wurm, der nicht stirbt, kann man entgehen, indem man sich selbst verstümmelt, ob buchstäblich oder bildlich, tut hier nichts zur Sache (Mark. 9:43-48).
Das eine bleibt: Es handelt sich hier um eine »Hölle«, aus der nicht der Glaube an Christus rettet, sondern der Mensch sich selbst durch seine Werke. In Verbindung mit dieser Hölle wird der Kreuzestod Christi überhaupt nicht genannt. Und ihr gegenüber steht ein »Eingang zum Leben«, den man sich selbst erwerben vermöchte; nicht nur ohne die Erlösung auf Golgatha, sondern ehe die Erlösung überhaupt geschehen war. Es kann aber heute nicht nachdrücklich genug betont werde, dass auch die Frömmsten und Gerechtesten, die sich noch so sehr mühten, ohne Christus verloren gingen. Wer das alles miteinander vereinigen kann, der tue es. Ich habe den Versuch dazu aufgegeben, weil es unmöglich ist.
Wenn die Hölle dem Christus vor seiner Menschwerdung schon so bekannt war, warum haben dann weder Adam noch Abraham, weder Mose noch David etwas davon gehört und gesagt, sie, die so viel von Gott über Sünde und über Seine Wege mit ihr erfuhren? Haben wir etwa einen Anhaltspunkt für die Ausrede, seit Jesu Erscheinen sei eben die Zeit der Unwissenheit vorüber und der Mensch von der Hölle bedroht, um des vermehrten Lichtes willen, das Er brachte? Man beweise doch einmal, dass die Zeit der Unwissenheit für den allergrößten Teil der Menscheit zu Ende ging, als Christus kam. Sollen wir etwa annehmen, bis zum Jahr seines Auftretens oder Seines Todes seien alle Heiden im fernen China »selig« geworden, von dann an aber sämtliche in die »ewige Hölle« gekommen?
Man sage mir nicht, so dürfe man nicht reden. Es muss einmal ans Licht gezogen werden, was bei der üblichen Höllenlehre herauskommt, wenn man sie zu Ende denkt. War Christi Sendung die größte Offenbarung der Liebe Gottes, Segen für alle Völker und die Versöhnung der Welt, dann hat sie nie und nimmer die große Masse der Menschheit in eine Hölle gestürzt, von der Gott vorher kein Wort gesagt hat. Wäre die Hölle der Sünde Sold, dann hätte Gott dies auch zur rechten Zeit verkündigt. Wa-rum muss der vorwitzige Mensch »Hölle« sagen, wo Gott gesagt hat »Tod«? Dadurch wird die Bibel und die Christenlehre mit Widersprüchen gefüllt, die augenblicklich schwinden, wenn der Tod dort belassen wird, wo Gott ihn hingesetzt hat. Dasselbe gilt für das Feuer, den Wurm und die sonstigen Gottesgerichte.
Wer erkannt hat, dass bei der Schriftauslegung nicht alles wahllos verallgemeinert werden darf, sondern auf den Zusammenhang geachtet werden muss, der erhält eine verständliche, widerspruchslose Bibel. Was die Menschen an Verwirrendem hineingelegt haben, richtet sich dann selbst.
Ist Jesus, was sein Name bedeutet, nämlich der große »Wird-sein-Retter«, dann war es nicht Zweck seiner Sendung, allen die Hölle zu bringen, die Ihn nicht annahmen, als Er auf der Erde erschien. Er ist damals nur zu Israel gekommen. Nur Israel hat Er angeredet, bevor Er für die ganze Menschheit starb. Es lohnt sich, zum Beweis, wie ausschließlich Er Sich während Seines irdischen Dienstes auf Israel beschränkte, nur eins anzuführen: Keinem Seiner Jünger ist jemals der Gedanke gekommen, Seine Sendung könne auch anderen Völkern gelten. Nicht einmal, nachdem der Herr vierzig Tage lang die Apostel über das Reich Gottes belehrt hatte, wusste Petrus etwas von der Berufung der Nationen. Ihm musste erst das Gesicht von den unreinen Tieren im Tuch werden, bevor er diese neue Wahrheit erkannte (Ap. 10).
Kann uns das allein nicht schon zeigen, in welch verkehrten Hintergrund wir allgemein die Worte Jesu versetzen? Wie wir Begriffe damit verknüpfen, die Er nie im Sinn haben konnte und die auch kein Apostel damit verband? Wiedergeburt, Seligkeit, Verdammnis, Himmel und Hölle, das sind für uns Vorstellungen geworden, die wir fest in der Bibel verankert wähnen und die wir oft aufs Gründlichste missverstehen.
Was hat Jesus geoffenbart
Es gibt heute Menschen, die unter der Wucht der Beweise zugeben, »ewig« (äonisch) habe in der Bibel nicht die Bedeutung von endlos. Dennoch bestehen sie auf der Endlosigkeit der Höllenstrafen, weil der Herr gesagt hat: »Wo ihr Wurm nicht verendet und das Feuer nicht erlischt« (Mark. 9:44). Mit diesem Zitat meinen sie das »ewige Feuer« trotz allem beweisen zu können. Weil dies wohl das einzige Argument ist, das Ihnen bleibt, ist es der Mühe wert, einmal aufzuzeigen, wie unhaltbar es ist.
Als unser Herr auf der Erde erschien, änderte sich vorerst nichts an dem Zustand der großen Masse der Menschheit und an ihrer Stellung vor Gott. Alle waren und blieben, was sie durch Adam wurden: Sterbliche, die dem Tod entgegengehen, – wie Er es ihren ersten Eltern gesagt hatte. Nie hat Jesus daran gerüttelt. Nie hat er aus dem Tod in Adam ein »Leben in endloser Qual« gemacht. Er war die große, herrliche Hoffnung aller alttestamentlichen Prophetie. Um Seine Worte zu verstehen, müssen wir die letztere verstehen. Worauf richtet sie den Blick sehnsuchtsvoller Erwartung? Auf eine »Seligkeit im Himmel« nach dem Tod? Oder auf eine erneuerte Erde, wo der Gesalbte Gottes in Gerechtigkeit herrscht (2.Pet. 3:13)? Sollten die Menschen in ein Reich Gottes droben eingehen, oder kam das Reich aus dem Himmel herab zu ihnen? Wurde es unter jubelnder Zustimmung der Völker errichtet oder angesichts erbitterten Widerstands und nach furchtbaren Gerichten? Wer ein wenig seine Bibel kennt, der weiß, was sie darüber sagt. Haben Jesus, Johannes, die Zwölf und die Zweiundsiebzig die Heroldsbotschaft vom nahegekommenen Königreich Gottes bzw. Königreich der Himmel dem Volk Israel verkündigt, mit seinem König und den Kräften der Heilung und Hilfe für den Menschen auf der Erde – oder gingen sie zu allen Nationen mit der Kunde vom Kreuz, das alle Unterschiede zwischen dem Königreichsvolk und den anderen Nationen niederreißt?
So genau wir wissen, dass die Botschaft vom Kreuz nicht eher erscholl, als bis Israel verworfen war, dass sie gar nicht verkündigt werden konnte, ehe es ein Kreuz gab, so genau sollten wir auch wissen, dass es nicht angeht, lebenswichtige Teile der Königsreichsbotschaft aus ihr herauszureißen und sie gewaltsam der Kreuzesbotschaft einzuverleiben.
Worauf bezog sich unser Herr, als Er vom Wurm und vom nicht gelöschtem Feuer sprach? In Jesaja 66:23,24 lesen wir: »Und es wird geschehen: Gemäß der monatlichen Quote in ihrem Monat und der Sabbatquote an ihrem Sabbat soll alles Fleisch kommen, um anzubeten vor mir in Jerusalem, sagt Jewe. Dann gehen sie hinaus und sehen die Leichen der Menschen, die da übertraten gegen mich. Denn ihr Wurm soll nicht sterben! Und ihr Feuer soll nicht gelöscht werden! So werden sie zum abstoßenden Anblick allem Fleisch«.
Aus den vorhergehenden Kapiteln ergibt sich, dass dies in Jerusalem sein wird, im Königreich des Messias, das nach Offenbarung 20 tausend Jahre währt und nach dessen Abschluss erst die Toten auferstehen zum Gericht. Wenn Jesus in Verbindung mit der Königreichsbotschaft auch diese Gerichtsstätte für die Widerstrebenden erwähnt, so erhärtet dies nur die Treue, mit der Er Sich an Seinen Auftrag hielt. Wenn Er außerdem noch hinzufügt, dass dieser Wurm und dieses Feuer in der »Gehenna« verzehren, so sollte dies jede Verwechslung ausschließen; denn Gehenna ist ein Tal bei Jerusalem, in dem einst neben sonstigem Unrat auch die Leichen hingerichteter Verbrecher von nie erlöschendem Feuer und sich dauernd vermehrenden Würmern verzehrt wurden.
Ist es treue, zuverlässige Schriftauslegung, die sich unter alles beugt, was geschrieben steht, wenn aus Leichnamen »unsterbliche Seelen« gemachte werden, aus einem Richtplatz bei Jerusalem ein Zukunftsort der ganzen unerlösten Menschheit; aus Begebnissen im Millenium die uferlose Ewigkeit, aus dem Gottesreich auf Erden ein unbiblisches »Jenseits«; aus einer Strafe, die den diese Reiches Unwürdigen droht, das Geschick von Millionen, die nie mit dem Königreich in Verbindung kommen werden? Können jene, die mit dieser Auslegung arbeiten müssen, um eine »ewige Hölle« zu beweisen, uns zuverlässige Berater sein? Kann überhaupt klar erkannt werden, was das Kreuz bedeutet, wenn seine Botschaft mit solchen Fremdkörpern vermischt wird?
Was ist Wiedergeburt? Jesus hat gesagt: »Ihr müsst von oben her gezeugt werden« (Joh. 3:7). Das ist die Bedingung zum Eintritt in das messianische Königreich für Israel, die große Buße und Umkehr des gesamten abtrünnigen Volkes, die nur erfolgen wird, wenn der König Selbst in Herrlichkeit erscheint, so dass alle Augen ihn sehen, auch die Ihn durchstochen haben, und um Ihn alle Stämme des Landes (Israel) wehklagen werden (Off. 1:7; Sach. 12:10). Das Volk hat sich als unfähig erwiesen, zur »Wiedergeburt«, d.h. zur Neuzeugung durchzudringen, als der Messias das erste Mal kam. Als Folge ihrer Widerspenstigkeit wurde es verworfen, verlor Heimat und Heiligtum, wurde zum Fluch unter den Nationen und bleibt unter Gottes Gericht, bis Christus zum zweiten Mal kommt. Dann wird ganz Israel gerettet werden (Röm. 11:26).
Was aber hat man aus diesen Tatsachen gemacht? Wer nicht wiedergeboren wird, geht für alle Ewigkeit verloren, wird behauptet und damit das Wort des Herrn völlig verdreht. Kein Wunder, dass sie dann solche Probleme hervorrufen.
Was heißt »verloren gehen«? Im Grundtext ist es dasselbe Wort wie umkommen oder verderben an zahllosen anderen Stellen. Wenn dieser Begriff vom Herrn in Verbindung mit der Königreichsbotschaft gebraucht wird, bedeutet es, in den dieses Reich einleitenden Gerichten sein Leben zu verlieren, ohne Aussicht, in das tausendjährige Reich einzugehen, sei es durch Bewahrung in diesen Gerichten, sei es durch Auferstehung. Zu diesem Reich stehen nur Gerechte auf (Off. 20:5,6; Joh. 640; 11:25). Für die übrigen Menschen aber bedeutet es, unerlöst zu sterben und in den zweiten Tod gehen zu müssen, von dem Jesus noch gar nichts gesagt hat.
Und was bedeutet »gerettet« werden oder das »ewige« (wörtlich das äonische) Leben zu erhalten? Nun, eben das Gegenteil von verloren gehen. Für Israel ist dies der Eingang in das messianische Königreich, in das herrliche Leben des zukünftigen Äons auf dieser Erde. In Verbindung mit der Kreuzesbotschaft an alle Völker, die heute in Kraft ist, bedeutet es die Bestimmung derer, die zu Gliedern der Körperschaft Christi berufen und herausgerufen sind. Sie gehen weder in den Endgerichten zugrunde, noch müssen sie im Tod bleiben, bis Gott die Ungläubigen vor seinen großen weißen Thron ruft (Off.20:11-15). Der Gläubigen Rettung ist Entrückung, wenn sie bei Christi Wiederkommen noch leben, Ausauferstehung, wenn sie vorher entschliefen, und das Leben mit ihrem verherrlichten Herrn und Haupt in Seinem überhimmlischen Herrschaftsgebiet, solange die Äonen währen (1. Thess. 4:15-17; 1. Kor. 15:51-53). Nicht Israels Messias hat dies in Galiläa und Judäa verkündigt, sondern der Auferstandene und zur Rechten Gottes Erhöhte hat es seinem Werkzeug Paulus als eine besondere Botschaft anvertraut, die nicht geheroldet werden konnte, ehe nicht Israels Verstockung und Verwerfung besiegelt waren und das Königreich in ungewisse Ferne rückte.
Wie kann der Verfechter der »ewigen Qual« die Unhaltbarkeit seiner Lehre klarer erweisen als durch sein »Beweismaterial«, das er lediglich den Weissagungen vom Tag des Herrn entnimmt? Wer auf der einen Seite den Sündern das Kreuz als einzige Rettung predigt, auf der anderen aber mit Gerichten droht, die verkündigt wurden, ehe es ein Kreuz gegeben hat; wer zwar Rechtfertigung aus Glauben gelten lässt, aber zugleich auf Belohnung für Werke verweist (Gleichnis von den Schafen und Böcken), oder gar auf Entschädigung für erlittenes Erdenleid (Lazarus), kann kaum den Anspruch erheben, das Wort unseres Gottes recht abzuteilen. Will er wissen, wer die Schafe und Böcke sind, so lese er Joel Vier, dann wird er sehen, von welchem Gericht unser Herr hier redet. Es geht nicht an, Geschlechter vor den Richterstuhl zu zerren, die nie dort stehen werden, so wahr wie unser hochgelobter Herr, der einst auf diesem Stuhl sitzen wird, gewusst hat, wen Er meinte und zu wem Er sprach: zu Leuten, die wohl Joels Weissagung kannten, aber nicht das Kreuz.
Gott richtet die große Masse der Menschheit, wenn dies Gericht mehr als tausend Jahre hinter uns liegt (Off. 20:5; 11:12). Wer heute das Kreuz ergreift, kommt weder in das eine noch in das andere der beiden Gerichte. Er gehört zu der Körperschaft, die der Herr vor den Gerichten zu Sich hin entrückt. Wer die herausgerufene Gemeinde der Körperschaft Christi in den »Schafen zur Rechten« sucht, weiß wenig von ihrer Bestimmung.
Was Gott beim Abschluss dieses und auch des zukünftigen Äons tun wird, kann nichts an Seinem Vorsatz ändern, alles in allen zu werden, sobald die Herrschaft des Sohnes ihren Zweck erfüllt hat und nicht mehr ist (1.Kor. 15:25-28)1. Möge diese Schriftstelle für sich selbst sprechen. Sie ist kein Widerspruch zu dem Wurm und dem Feuer, wie so viele meinen. Wurm und Feuer überdauern nicht das Königreich des Sohnes. Von der Dauer, Festigkeit und Unerschütterlichkeit dieses Reiches können die Propheten nicht genug reden. Den meisten Christen will es deshalb selbstverständlich erscheinen, dass es »ewig« sein muss. Und doch sagt uns Paulus, es gehe zu Ende. Das hat keiner der alttestamentlichen Propheten vorausgesagt. Es war auch nicht der Auftrag des Herrn, dies zu verkündigen.
Gerade weil Jesus als Diener der Beschneidung stets im Rahmen dessen blieb, was Gott schon längst der Beschneidung geoffenbart hatte, sei es durch klares Wort, sei es durch Schattenbild oder Symbol, wäre es völlig unverständlich, wenn Er als Erster mit einer so furchtbaren, einschneidenden, den ganzen Ausblick verändernden Botschaft aufgetreten wäre, wie es die »ewige Hölle« ist. Das Feuer und der Wurm im Gehenna-Tal waren seinen Hörern bekannt und verständlich. Was Jesaja davon gesagt hatte, wussten sie. Das Volk sah seit alters nach dem Königreich aus. Das schlimmste Geschick, das einem unwürdigen Glied desselben drohte, war Ausschluss aus diesem Reich (vgl. Mat 8:11; Luk. 13:28,29). Der schwache Schimmer, den es von der Auferstehung der Toten hatte, war verknüpft mit dem Eingang in das Königreich. Die Nationen sollten dadurch Segen und Erkenntnis Gottes erhalten. Soweit sie widerstrebten, würde der Messias sie im Tal Josaphat vernichten oder mit sonstigen schweren irdischen Plagen strafen (Joel 4; Sach. 12 und 14). Mehr konnte ein gläubiger Israelit aufgrund seiner Heiligen Schriften nicht wissen. Was vereinzelte Sekten glaubten und spitzfindige Rabbiner vermuteten, gehört nicht hierher und geht uns nichts an.
Hat vielleicht auch nur ein Jünger in Jesu Umgebung geglaubt, alle Heiden wären »ewig verdammt« und die meisten seines eigenen Volkes noch dazu? Hat das einer aus Jesu Worten gefolgert, wie es heute so viele tun? Manches Gleichnis des Herrn war den Jüngern dunkel, deshalb fragten sie Ihn danach. Als sie das Wort von dem schweren Eingang in das Reich Gottes hörten, entsetzten sie sich. Aber wir lesen nicht, dass sie sich über das Feuer, den Wurm und ähnliches entsetzt hätten, wie über eine ihnen völlig neue, erschütternde Botschaft »aus der Ewigkeit«. Ganz offensichtlich haben sie dies alles richtig verstanden. Sie kannten die alten Propheten. Sie erwarteten keinen Anbruch des Königreichs ohne Gericht. Sie hatten keine Fragen, wie sie uns heute infolge verkehrter Auslegung quälen. Noch nach Jesu Auferstehung warteten sie nur auf das Königreich. Keine Vorstellung »verlorener Menschenseelen« trieb sie hinaus, über die Grenzen ihres Volkes, um diese zu »retten«. Selbst zu Pfingsten blieb ihre Botschaft der wiederkommende König. Was hatten die anderen Nationen mit ihnen zu tun? Als Kornelius den heiligen Geist empfing, entsetzten sie sich (Ap. 10:44-48).
Hatte Jesus sie denn nicht zu »allen Völkern« gesandt (Mat. 28:19)? Ja, gewiss. Aber mit der Botschaft vom Königreich, die mit einem Geschick im »Jenseits« nichts zu tun hat. Die Zeit der Pfingsten war den Aposteln der Auftakt zum Anbruch des Königreichs (Ap. 2:16-21). Die anderen Völker sollten darin durch Israel Heil und Segen empfangen (auf der Erde), aber sie sollten nicht Israel gleichgestellt sein. Weil Kornelius ihnen anscheinend gleich geworden war, deshalb entsetzten sie sich. Wir dürfen nie vergessen, dass, wo es in landläufigen Übersetzungen »selig» heißt und »verdammt« werden, es wörtlich lauten muss »gerettet« und »verurteilt«. Was dies in Verbindung mit der Königreichsbotschaft bedeutet, haben wir bereits erklärt. So geben uns also unseres Herrn eigene Jünger, die mit ihm gewandelt sind von Anfang an (Ap. 1:21,22), in ihrer ganzen Einstellung zu Seiner Sendung, zu ihrem Volk und zu den anderen Nationen weitere Fingerzeige, wie die angeblichen »Höllendrohungen« des Meisters zu verstehen sind. Wären sie im Irrtum gewesen, so hätte der Herr sie doch belehren müssen, ehe Er sie zu Seinen Boten machte.
Stets hat er sie belehrt, wenn die Zeit zu weiterer Erkenntnis für sie gekommen war. Er erklärte ihnen Seinen Tod und Seine Erhöhung, ehe sie Zeugen derselben wurden. Durch das dem Petrus erschienene Gesicht erkannten sie Gottes Liebesgedanken mit den anderen Völkern wohl zum ersten Mal klar genug, um nun auch die Hinweise darauf in den Propheten recht zu verstehen (Ap.15). Wo aber gab er ihnen Licht, dass über das Königreich hinausging? Wann lehrte Er sie die Wahrheit für heute, aufgrund von Israels Verwerfung? Hat Er ihnen je geoffenbart, das Feuer und der Wurm seien ebenfalls anders aufzufassen, als sie anfänglich gemeint hatten, und zwar weit über Jerusalem und das Königreich hinausgehend, weltumfassend, ewig, ewiger als selbst Seine eigene Herrschaft? Wo der Herr die Jünger bei ihrer Erkenntnis lässt, wird sie doch wohl richtig gewesen sein.
Feuer und Wurm im Gehenna-Tal sind einleuchtend und verständlich. Sie harmonisieren mit der gesamten Schrift. Werden sie jedoch in eine »jenseitige Hölle« versetzt, türmen sich die Probleme bergehoch. Meint jemand, hier einen Ausweg, eine Lösung gefunden zu haben, so steht er vor Widersprüchen mit anderen Teilen des Wortes Gottes. Abgesehen davon, dass im Grundtext die Worte »der Wurm soll nicht sterben und ihr Feuer nicht gelöscht werden», in einer grammatikalischen Form stehen, die eine vorübergehende Handlung bezeichnet, nicht eine zeitlose Tatsache. Da die deutsche Sprache diesen Unterschied leider nicht genau ausdrücken kann, blieb dem schlichten Bibelleser dieser wichtige Hinweis auf die richtige Bedeutung verborgen, der noch manche andere dunkle Stelle aufklärt, so zum Beispiel Johannes 3:36. (»Der Zorn Gottes bleibt auf ihm« ist ebenfalls eine vorübergehende Handlung, die zeitlich begrenzt ist.)
Das Wort vom Kreuz
Wir haben heute der Welt das Kreuz zu verkündigen und nicht das Königreich, seien es seine Segnungen oder seine Gerichte. Das Königreich ist zunächst beiseitegesetzt, weil Israel seinen Messias von sich stieß, auch als er zum zweiten Mal als der erhöhte Herr geheroldet wurde (Apostelgeschichte). Das Kreuz ist dem Juden ein Ärgernis und nicht die Erfüllung seiner höchsten Erwartungen. Es räumt mit allen dem Volk Israel gewährten Vorrechten auf, es ist das Symbol seiner Verwerfung. Deshalb konnte es auch keiner von den Zwölf verkündigen, sondern nur Paulus und die mit ihm am Evangelium sklavten.
Das Kreuz darf auch nicht mit Christi Opfertod verwechselt werden. Seinen Tod als die Erfüllung des gesamten israelitischen Opferrituals haben auch die anderen verkündigt. Er brachte Bedeckung der Sünde, wie das Blut der Tiere es versinnbildlichte, Beschirmung vor dem göttlichen Zorn. Johannes der Täufer sah in Jesus das Lamm, das die Sünden der Welt trägt (Joh. 1:29). Er schreibt von ihm als der Sühne für unsere Sünden und die der ganzen Welt (1. Joh. 2:2). Sein Blut macht rein von aller Sünde. – Aber das Kreuz bedeutet mehr. Vor allem die Art seines Todes. Der Fluch war mit einem solchen Tod verbunden (Gal 3:13). Das Kreuz war der Erweis, wozu der Mensch in seiner eigenen Weisheit und Religiosität fähig ist. An dem Kreuz, an dem Israel seinen Messias gemordet hat in der Annahme, Ihn dadurch unter den göttlichen Fluch zu bringen, offenbarte Gott in seiner Weisheit dem ganzen All die abgrundtiefe Verworfenheit des Geschöpfs und zugleich die Größe seiner eigenen Selbsthingabe und Liebe. Was ein Akt des wilden Hasses gegen Ihn war, verwandelte Er in das Mittel, allen Gnade zu erweisen. Am Kreuz bricht alle menschliche Tugend in nichts zusammen. Israel hat sich dort alle seine Vorrechte auf lange Sicht verscherzt. Gott hätte das Recht, es für immer als Volk zu verstoßen. Denn als Er ihm mit der Erfüllung der Verheißung nahte, antwotete es mit einem Nein.
Wenn Er es dann nach langer Gerichtszeit einst wieder annimmt, wird dies eine Gnade sein, die es beugen und zerbrechen wird, wie nichts anderes es so gründlich könnte. Inzwischen gab das Kreuz Gott die Gelegenheit, die anderen Nationen, die Ihm bis dahin ferne waren, nahe herbeizubringen. Aus den Nationen ruft das Kreuz heute eine Schar heraus, eine Körperschaft, die Gemeinde, die auf einem ganz anderen Boden steht. Hier ist nicht von Wiedergeburt oder Neuzugang die Rede. Sie ist eine neue Schöpfung in Christus Jesus (2. Kor. 5:17; Gal. 6:15). Im Geist ist sie bereits in jene Region, in jene Weltordnung versetzt, die auf das Königreich folgen wird, wenn Gott ein ganz Neues schafft. Im Königreich gelten noch die Vorrechte des Bundesvolkes, in der neuen Schöpfung sind auch diese abgetan. Und darum sind sie es heute schon für alle, die im Geist in der neuen Schöpfungsordnung leben. Diese Bedeutung des Kreuzes konnten die Zwölf nie erfassen, diese Wahrheit war allein dem Apostel Paulus anvertraut (vgl. 1. Kor. 1:18-25; 2:1-10).
Diese Gemeinde, die heute herausgerufen wird, soll in den kommenden Äonen mit ihrem Haupt herrschen inmitten der überhimmlischen Sphären (Eph. 1:3; 2:4-7; 2. Tim. 4:18; Phil. 3:20). Sie ist das große Gegenstück zu Gottes Segenskanal für die Erde. Aber in einer wichtigen Hinsicht gleicht sie dem alten Bundesvolk. Sie ist, wie alle Erstlinge, nicht das Gegenteil der anderen, sondern Beispiel von dem, was einst allen zuteil werden wird. Wie alle sonstigen »Herausgerufenen« ist sie dies nicht, damit die übrigen »ewig verdammt« werden, sondern um ein Werkzeug zu werden, durch das Gott die anderen erreicht. Wie alle »Erwählten« wurde sie nicht um ihrer selbst willen erwählt, sondern um ihres Erwählers willen, um das hinauszuführen, wonach sein Herz sich sehnt. Ebenso wie Er Abraham und dessen Samen als Segensträger für alle Geschlechter der Erde ersah, braucht Er Segenskanäle für andere Regionen des Alls.
Eins wissen wir, bei Gott ist keine Veränderung, und so hat Er Sich in Seinen Prinzipien der Erwählung und Auswahl auch nicht geändert. Wir haben nicht nur sein Wort, das uns fest verheißt, Er werde einst alles in allen sein. Wir haben auch in jedem, den Er schon berief, Beispiel und Bürgschaft dessen, was Er allen zugedacht hat.
Wer in Israel Gott und Sein Wort richtig verstand, der wusste, dass es Sein Vorsatz war, die gesamte Menscheit im Messiasreich zu segnen. Weiter konnte der Blick aber noch nicht dringen. Dass ein Segen für die Völker möglich sei auf Grund der Verwerfung des Messias und der darauf folgenden Verwerfung des Königreichsvolkes, das hatte niemand geahnt. Das erfuhr nur Paulus von dem erhöhten Herrn. Es ist die Grundlage seiner Botschaft vom Kreuz. Und jetzt wird des Paulus Blickfeld noch mehr erweitert, er darf schauen, was vor ihm kein anderer sah: Nicht nur die gesamte Erde gesegnet, sondern alles ausgesöhnt, was Gott erschuf, auch die Fürsten und Obrigkeiten der überhimmlischen Bereiche (Kol. 1:20). So weit reicht die Macht des Kreuzes.
Wer es heute ergreift, wird ein Glied der Körperschaft Christi, durch die Gott jetzt schon den Fürstlichkeiten und Gewalten Seine mannigfaltige Weisheit kundtut (Eph. 3:10). Er hat nicht nur Vergebung seiner Schuld durch das Blut des Lammes, sondern Gottes eigene Gerechtigkeit wird ihm geschenkt (Phil. 3:9). Wen das Kreuz in diesem Äon nicht erreicht, oder wer es verachtet, muss ins Gericht, wo er erhält, was er nach seinen Werken verdient. Er muss in den zweiten Tod. Er wird nicht eher wieder lebendig gemacht und nicht ausgesöhnt, bis es keinen Tod mehr gibt (vgl. 1. Kor. 15:22-26).
Es ist die unendliche, unverdiente, beseligende Gnade, dem allen entgehen zu dürfen. Aber deshalb ist das Schicksal der anderen doch nicht hoffnungslos. Das Kreuz bringt uns keinen düstereren Ausblick, als ihn ein Gottesmensch des Alten Bundes hatte. Es hat uns vielmehr Tiefen der Liebe und Gnade Gottes eröffnet, von denen keiner der Alten etwas ahnte. Im Licht des Kreuzes sehen wir heute Gottes Herz, wie es alles umfasst, was Er ins Dasein rief. Und wir sehen alles an seinem rechten Platz, auch die Gerichte. Ohne Gericht kann das Geschöpf die Gnade nicht erfassen, darum musste es sein, um der Gnade willen, um ihr einen Weg zu bereiten. Verwechseln wir nicht Gottes verschiedene Stufen zu Seinem Ziel mit dem Ziel selbst. Schrittweise hat Er dies allles offenbart, die Kreise immer weiter ziehend, eine Erleuchtung harmonisch auf die andere folgen lassend. Alles in einer Ordnung und Reihenfolge, ohne Widerspruch und ohne Rätsel, dass es uns zur Anbetung zwingt.
Nicht auf der Erde hat Jesus das letzte Wort über Himmel und Hölle gesagt. Für diese höchste Offenbarung wurde Paulus in den dritten Himmel entrückt (2. Kor. 12:2). Lassen wir Gott zu Worte kommen und nicht irrende Menschen. Lassen wir der Erde, was der Erde gilt, und danken wir Gott, dass wir aufschauen dürfen zu unserem über das gesamte All erhöhten Haupt, zu Ihm, der uns aus der Herrlichkeit verkünden ließ, welches die Vollendung Seiner Wege ist: Gott alles in allen!
Quelle: Konkordanter Verlag, Leipziger Str.11, 75217 Birkenfeld, www.konkordanterverlag.de